Wo digitale Roboter Bürojobs übernehmen

MUUUH! meets Julian Beckers

Hallo, Julian, wer bist Du und für was stehst Du?


Mein Name ist Julian Beckers, ich bin rund dreißig Jahre alt und kann von Haus aus in großen Dimensionen kochen. Ich bin nämlich Wirtschaftsingenieur für thermische Verfahrenstechnik. Allerdings habe ich ein paar Jahre im Beratungsgeschäft verbracht und bin jetzt bei der Weissenberg Group zuständig für das Thema RPA, das steht für Robotic Process Automation. In diesem Kontext bin ich hier der Außenminister, also der Chief Sales Officer.
 

MUUUH! meets Julian Beckers Interviewreihe

Erzähl uns mal ein bisschen mehr über Eure Rolle als Player im RPA-Business.

Wir beschäftigen uns mit der Robotic Process Automation schon sehr lange und haben den Vorteil, recht früh am Markt gewesen zu sein. Inzwischen arbeiten fast 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Lösungen für unseren Kunden. In dieser Dimension gehören wir hierzulande zu den big Five der unabhängigen Prozessautomatisierer und zu den drei größten RPA-Entwicklern. Wir arbeiten viel mit der verarbeitenden Industrie zusammen und kümmern uns um die Automatisierung von Office-Prozessen – klassischerweise im Bereich Finance und HR. Auch Schwergewichte wie der führende deutsche Automobilkonzern zählen zu unseren Kunden.

 

Kannst du nun noch einmal auf Eure Leistungen und die genauere Definition von RPA eingehen?

Robotic Process Automation ist ein verhältnismäßig neues Thema, es steht für eine anwendungsübergreifende Automatisierung von Workflows in Unternehmen mittels Software-Robotern. Die arbeiten aber nicht klassisch via Schnittstelle auf den verschiedenen Anwendungen, sondern auf der Darstellungsebene, also auf den Daten, die sonst der Anwender auf dem Bildschirm sehen würde. Schnittstellen sind im Vergleich dazu teuer, ihre Entwicklung kostet Zeit und ist auch nicht immer möglich. Daher gilt RPA insbesondere in fragmentierten Software-Landschaften als regelrechte Killer-Applikation.

Weil die digitalen Roboter vereinfacht gesagt auf den Monitor-Daten arbeiten, bleibt die IT-Infrastruktur weitgehend unberührt. Prinzipiell können wir alle Prozesse, die sonst der Mensch macht, anwendungsübergreifend ohne Schnittstellen abbilden. Wir vermeiden neben Schnittstellenproblemen auch Lizenzprobleme. Setze ich RPA als virtuellen Mitarbeiter ein, der repetitive Volumenprozesse übernimmt, kann ich erhebliche Produktivitätsgewinne erzielen.

 

Aus welchen Bereichen kommen eure Mitarbeiter?

Ein Drittel unserer Belegschaft besteht aus klassischen Prozessberatern. Darüber hinaus beschäftigen wir RPA-Developer und RPA-Architects, hinzu kommt der klassische Overhead mit Marketing, Recruitment, Verwaltung und Unternehmenssteuerung. Unserer Struktur spiegelt unsere Wurzeln im Bereich Software Development deutlich wider. Hier liegt der Unterschied zu vielen Marktbegleitern aus der klassischen Unternehmensberatung. In Abgrenzung dazu würde ich uns eher als Premium-Implementer bezeichnen und weniger als strategischer Adviser. Was ist der Unterschied zwischen den RPA-Bots und Chat-Bots? Warum passen sie zusammen? Im Bereich der Kundeninteraktion sind Chat-Bots eine wesentliche Erfolgsgeschichte der vergangenen Jahre. Ein Chatbot ist aus Unternehmenssicht nicht nur günstiger, sondern auch effizienter, zumal ich dokumentieren und lernen kann, was meine Kunden fragen und was ich überhaupt beantworten muss. Gleichzeitig akzeptieren die User Kommunikationsangebote via Chat-Bots und Text-Interfaces deutlich besser.

Nun gibt es bei Chat-Bots Anwendungsfälle, in denen er als digitaler Kundenberater auf eine Kundenanfrage reagieren muss und zu diesem Zweck Daten aus verschiedenen Subsystemen benötigt. Dem Chat-Bot im Kundenkontakt könnte in solchen Situationen ein Assistent helfen, der bei Bedarf losläuft und die erforderlichen Daten zusammensucht. Sehr interessanten Anwendungsfälle, die sich durch ein Miteinander von Chat-Bot und RPA realisieren lassen, sehen wir überall dort, wo sich ein Kunde authentifiziert und im weiteren Verlauf auf einem Legacy-System umschaut. Wenn jemand seine Vertragsdaten, Stammdaten oder den Kreditrahmen abfragen möchte, dann eröffnet die RPA neue Möglichkeiten, weil der Chat-Bot selbst nicht im geschützten Bereich herumstöbern darf bzw. kann.

 

Erzähl mal von einem Deiner Lieblingsprojekte.

Eine wirklich interessante Story betrifft einen großen Automobilhersteller, der sehr viele Dienstwagen für seine Angestellten betreibt. Natürlich werden dessen MitarbeiterInnen auch mal geblitzt, abgeschleppt oder kassieren ein Ticket fürs Falschparken. Nun laufen aber alle Knöllchen bei dieser Firma auf und müssen intern weiterverfolgt, dem verantwortlichen Mitarbeiter zugeordnet und abgerechnet werden. Bei einem großen Automobilhersteller geht die Zahl der jährlichen Fälle schnell in den Zehntausender-Bereich. In unserem Fall hat der Kunde eine eigene Abteilung mit mehreren Vollzeitkräften eingerichtet, deren Zweck die interne Bearbeitung von Parktickets ist. Ein solches Konstrukt lässt sich mittels RPA attraktiv automatisieren.

 

Wie sehen Eure Zukunftspläne aus?

Wir arbeiten aktuell daran, dass RPA-Projektgeschäft in ein Produktgeschäft zu transformieren. Kunden sollen sich Automatisierungsleistungen künftig in einem sogenannten Pay-per-Use-Modell einzukaufen. Damit vollziehen wir eine Entwicklung analog zu der physische Roboter in Produktionsanlagen. Die Maschinen werden inzwischen vom Hersteller kostenfrei installiert; abgerechnet wird einfach anhand der Anzahl der Vorgänge, die dieser Roboter erfüllt. In diese Richtung wird es auch im RPA-Bereich gehen: Automation as a Service. Die kostenlose Implementierung eines Chat-Bots könnte sich etwa über die Anzahl der Kundeninteraktionen amortisieren. Das wäre für den Anwender relativ risikolos. Der Anbieter muss hingegen den Markt und die Implementierungsaufwände blind verstehen – andernfalls verbrennt er sich schnell die Finger.

 

Wie schätzt Du die Zukunft der Chat-Bots ein?

Wir werden uns immer weiter vom starren Frage-und-Antwort-Baum entfernen und stattdessen vermehrt echte AI erleben – siehe die AI-Engines von Google oder IBM (Watson). So entstehen Chat-Bots, die spürbar besser lernen, zumindest mittelfristig. Zudem werden die Themen Social und Emotional AI, die derzeit noch in den Kinderschuhen steckten, an Einfluss gewinnen. Ein Chat-Bot wird dann beurteilen können, ob ein Kunde dem Unternehmen wohlgesonnen ist oder nicht. Auch andere Parameter wie die Dringlichkeit eines Anliegens ließen sich automatisiert aus den Nachrichten herauslesen. Und nicht zuletzt werden sich die jetzigen Chat-Bots dank leistungsstärkerem Natural-Language-Processing und verbesserter Speech-to-Text zunehmend in gesprochener Sprache verständigen können. Diese Entwicklung wird dann sämtliche Anbieter von Callcentern und Business Processing Outsourcing berühren. Aktuell vergeht kaum eine Woche, in der ich nicht mit großen Outsourcing-Dienstleistern und Call-Center-Betreibern im Gespräch bin. Die Branche ist ganz gehörig in Bewegung. Ich schätze, dass vor allem im Bereich Near- und Offshoring rund die Hälfte der Jobs in naher Zukunft von Conversational Bots ersetzt werden.

 

Weitere Einblicke in die Welt des Conversational Customer Managements
Unsere bisherigen Gespräche mit Vordenkern des Conversational Customer Managements haben wir in unserem Kompass zusammengefasst. Das Kompendium liegt hier für Sie zum Download bereit.

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Ansprechpartner

Ben Ellermann

Managing Director MUUUH! Next
Ben Ellermann war bereits vor dem Facebook Hype für das Soziale Netzwerk stayblue.de in verschiedenen Spezialisten- und Führungsrollen der Bereiche...

E-Mail: ben.ellermann@muuuh.de

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