ChatGPT als Teammitglied – hybride Zusammenarbeit von Mensch und AI

Diese Grafik zeigt, wie lange es dauerte, bis ausgewählte Online-Dienste eine Million Nutzer erreichten.

ChatGPT – ein neuer Maßstab in der Verbreitung von digitalen Innovationen

Während andere digitale Innovationen, wie etwa Netflix (gegründet 1999) oder AirBnB (gegründet 2008) mehrere Jahre brauchten, um eine Million Nutzer zu erreichen, schaffte ChatGPT diesen Meilenstein Anfang 2022 in nur 5 Tagen (siehe auch die nebenstehende Grafik). Selbst Bill Gates beschreibt die Technologie als die zweite revolutionäre technologische Entwicklung seines Lebens, wobei die Erste für ihn die Entdeckung der grafischen Nutzeroberfläche Anfang der 1980er war, die die Grundlage für das Betriebssystem Windows schaffte, das Microsoft zu dem digitalen Schwergewicht gemacht hat, das es noch heute ist.

Chat GPT in Conversational-AI-Projekten

Es ist keine Überraschung, dass MUUUH!, Customer Experience Spezialist, die sich u.a. auf die Automatisierung von (Kunden-)Prozessen und digitaler Kommunikation spezialisiert hat, ein besonderes Interesse an den Nutzungsmöglichkeiten von ChatGPT hat. Unser Kollege Robin hat vor einigen Wochen einen ersten Überblick geliefert, wie ChatGPT funktioniert und wo Potenziale in Conversational-AI-Projekten liegen. In Kürze: Die Abfrage bzw. Ausgabe von Daten in strukturierter Form birgt große Potenziale, insbesondere für die Nutzung im Dialogmanagement mit Kund:innen, welches automatisiert über Chat- und Voicebots gesteuert werden kann. Herausforderungen sind aktuell die fehlende Schnittstelle (API), die benötigt wird, um einen stabilen Zugriff auf das System zu erhalten sowie das Anreichern der generischen OpenAI-Trainingsdaten mit spezifischen Unternehmensdaten (sogenanntes Model Fine Tuning oder das Nutzen von Text Embeddings), damit auch unternehmensspezifische Anfragen beantwortet werden können.

Entwicklungsstufen von ChatGPT

Unsere Expert:innen beschäftigen sich auch mit den fortlaufenden Entwicklungen, etwa mit den beständigen Updates von ChatGPT. Die neuste Version ist derzeit ChatGPT-4. Sie ist zuverlässiger, hat eine verbesserte Fehlererkennung und –korrektur und kann auch Bilder verarbeiten und auf diese reagieren (aktuell allerdings nur in Textform). Bing erlaubt bereits die Arbeit mit Bildern in der Ergebnisausgabe, so dass sich Ethan Mollick bereits per Anfrage visuelle Ideen für eine neue Uhrenkollektion auf dem japanischen Markt liefern lässt.

Chancen, Herausforderungen, Implikationen

Welche Möglichkeiten, Herausforderungen und Konsequenzen aber hat die Nutzung von ChatGPT für unterschiedliche Branchen? Welche Aspekte sind für die einzelnen Bereiche besonders relevant? Wo müssen wir also genauer hinschauen? In einem aktuellen Beitrag im International Journal of Information Management mit dem Titel “So what if ChatGPT wrote it?” Multidisciplinary perspectives on opportunities, challenges and implications of generative conversational AI for research, practice and policy lässt Professor Yogesh K. Dwivedi von der Swansea University in Großbritannien 43 international anerkannte Forscher zu Wort kommen und wichtige Entwicklungen skizzieren. Dabei sind u.a. Professoren aus den Bereichen (Wirtschafts-)Informatik, Management, Marketing und Dienstleistungen.

Mit vertreten in diesem „kollektiven Brainstorming“ ist mein langjähriger Kollege und Koautor, Professor Alexander Richter (Victoria University of Wellington, Neuseeland), der sich Gedanken zu hybriden Teams, also zur Zusammenarbeit zwischen Menschen und AI gemacht hat.

Der Terminator als Leitidee

Laut Alex portraitieren populäre Filme wie etwa Terminator, The Matrix oder I, Robot künstliche Intelligenz als mächtige, autonome Kräfte, die sich schlussendlich gegen die Menschheit stellen. Aus diesen Filmen entsteht der Eindruck einer Konkurrenz zwischen Mensch und Maschine. Tatsächlich aber betrachten die Pioniere der Forschung zu künstlicher Intelligenz die Beziehung schon immer als symbiotisch, so dass Maschinen oder Roboter die menschlichen Fähigkeiten ergänzen und mit diesen zusammenarbeiten. Auch in einem vergangenen Beitrag auf dem Hub ging es bereits um die „Robot Revolution“ und die hybride Zusammenarbeit zwischen Menschen und Robotern. Alex wird in seinem Vorschlag allerdings eine Stufe konkreter.

Teamrollen von ChatGPT

Coach

Künstliche Intelligenz kann Menschen dabei helfen, ihre Ziele zu erreichen und agiert dabei wie ein Coach. Erste Forschungsergebnisse zeigen zum Beispiel Anwendungen (u.a. Chatbots) als Ernährungscoaches (bei dem Versuch abzunehmen), als Fitness Coaches (für Anregung zu körperlicher Aktivität) und im Bereich der persönlichen Entwicklung (also tatsächlich in der Rolle eines AI-Coaches). Ethan Mollick demonstriert hier zum Beispiel ein „AI Verhandlungstraining“.

Innovator

Künstliche Intelligenz kann auch in Produktentwicklungsprozessen eingesetzt werden. Studien zeigen, dass AI dabei die Lösungsräume vergrößert (man denke dabei an die Diamanten in Design-Thinking-Prozessen) und die Innovationsergebnisse verbessert. Neue Ideen oder Konzepte können mit Hilfe von AI erarbeitet werden. Ethan Mollick gibt hier ein Beispiel zur Entwicklung eines Konzepts für Luxusuhren.

Softwareentwickler

Obwohl die sogenannte AI-basierte Entwicklung noch im Frühstadium ist, so häufen sich doch die Berichte von Entwicklern, die AI bereits operativ nutzen. AI kann dabei z.B. Code erstellen, kleine Aufgaben automatisieren (z.B. das Testen) oder Bugs beheben. Ein prominentes Beispiel ist der AI Pair Programmer (Copilot) von GitHub.

Alex unterstreicht, dass AI eben nicht nur für simple, repetitive Aufgaben genutzt werden kann, sondern eben auch für anspruchsvollere Aufgaben in Teamkontexten, wie die Beispiele oben aufzeigen.

Zukunftsfragen im Kontext von hybriden Teams

Wichtige Fragen, die wir uns, laut Alex, zukünftig stellen sollten, lauten:

#Wie werden die Aufgaben zwischen Mensch und KI aufgeteilt? Wer delegiert diese Aufgaben, und wer koordiniert sie?

#Werden menschliche Akteure das gleiche Erfolgserlebnis haben, wenn ein Großteil der kreativen Arbeit von der KI erledigt wird? Wird sich die Interaktion zwischen Mensch und Mensch in hybriden Teams verändern?

#Welche Auswirkungen hat eine übermäßige Abhängigkeit von KI auf die Kreativität, die Problemlösungskompetenz und die Entscheidungsfähigkeit der menschlichen Akteure, und wie können wir potenziell negative Auswirkungen abmildern?

#Welche Verantwortung tragen Entwickler des KI-basierten Teammitglieds?

#1 Ein Artikel mit 43 Fachstimmen zu einem Thema ist rar in der Wissenschaft. Wie kam es zu diesem spannenden Projekt?

Im Artikel wird ja bereits erwähnt, dass Millionen Menschen praktisch ad hoc begonnen haben ChatGPT zu nutzen. Über einfaches Experimentieren hinaus haben sich dabei in vielen Beispielen die Einsatzmöglichkeiten von ChatGPT und der damit verbundene Nutzen gezeigt. Als Wirtschaftsinformatiker stellt uns die Entwicklungs- und Aneignungsgeschwindigkeit neuer Technologien, in dem Fall von generativer AI, vor ein Dilemma. Auf der einen Seite ist es sehr wichtig, dass wissenschaftliche Studien vernünftig begutachtet und überarbeitet werden, um die Qualität der Studien sicherzustellen. Auf der anderen Seite möchten wir möglichst schnell auf interessante Entwicklungen hinweisen und versuchen, sie zu erklären. Der Artikel ist im IJIM erschienen, einem der international führenden Wirtschaftsinformatik-Journals. Normalerweise dauert der Begutachtungsprozess dort 1-2 Jahre und erst nach mehrmaliger Überarbeitung und einer positiven Bewertung darf ein Artikel erscheinen. Im Fall von ChatGPT war das dem Herausgeber aber nicht schnell genug, so dass er Experten aus dem weltweiten Netzwerk des Journals eingeladen hat, Vorschläge für einen Kurz-Beitrag als Teil des Artikels zu machen. Nach einer kurzen Abstimmung zum Thema hatten wir dann 4 Wochen Zeit für die Beiträge. Danach haben mehrere Kollegen die Beiträge zusammengeführt und eine Synthese hinzugefügt. Nur so war es möglich, vier Monate nach der Bekanntgabe von ChatGPT so ein Mammut-Werk zu veröffentlichen. Das Ziel ist es, mit diesem breiten Artikel, der sehr viele Aspekte der Nutzung von ChatGPT abdeckt, die Grundlage für den weiteren, tiefgehenderen Diskurs zu legen.

#2 Bei all dem Hype um ChatGPT beobachtet man leicht eine Polarisierung der Gesellschaft in Tech-Optimisten und Skeptiker. Wie kommen wir zu einer gesunden Balance und einem pragmatischen Umgang?

In dem Zusammenhang ist ein vor kurzem veröffentlichter Aufruf von Hunderten von Führungskräften namhafter IT-Unternehmen und von führenden Wissenschaftlern erwähnenswert. Im Schreiben wird eine halbjährige Pause „großer AI-Experimente“ (die vergleichbar zu GPT4 sind, dem Modell hinter ChatGPT) gefordert. Die Pause soll es der Gesellschaft erlauben sich Gedanken über die vielen Fragen zu machen, die Chat-GPT und vergleichbare ‚generative AI‘ in den letzten Wochen aufgeworfen hat. Wer hat das Copyright eines mit AI generierten Bildes oder Liedes (wer hat den Nutzen)? Wer ist verantwortlich für Schaden, der durch den Einsatz von AI entstanden ist? Insgesamt geht es auch viel um die Frage wie wir AI so transparent entwickeln und einsetzen können, dass wir die Folgen besser einschätzen können. Dabei wird auch oft von ExplainableAI (XAI) gesprochen. Zurück zur eigentlichen Frage: Je besser wir als Individuen und als Gesellschaft informiert sind, desto faktenbasierter (und damit auch ausgeglichener und pragmatischer) wird die Diskussion über AI stattfinden.

#3 Du bist selbst Professor an der Universität von Wellington. Wie beschäftigt Ihr Euch KI im Bildungskontext mit KI? Wo liegen naheliegende Einsatzbereiche (insbesondere in der Lehre)?

Ich habe im November 2022 meine Executive MBA-Vorlesung zu „Digitaler Transformation“ gestartet und die Studenten in AI eingeführt… da war ChatGPT noch kein Thema. Das hat sich aber schnell geändert. Und es macht großen Spaß mit den Studenten die Implikationen von ChatGPT zu diskutieren und wortwörtlich Aha-Effekte zu erleben, wenn die Studenten nachvollziehen, was der große AI-Entwicklungssprung für manche Bereiche bedeutet… für mich ist daher aktuell der naheliegendste Einsatz in der Lehre, mit den Studenten zu experimentieren und zu diskutieren. In meinem Beitrag skizziere ich darüber hinaus auch das Beispiel einer Studentin, die ChatGPT als Coach genutzt hat. Das finde ich ebenso spannend: Welche Rolle kann AI in Studententeams spielen? Neben dem Beitrag von Alex gibt es eine Reihe weiterer, spannender Perspektiven aus diesem kollektiven Projekt. Die Beiträge sind unterteilt in fünf Themenfelder: Breite Perspektiven, organisationale und gesellschaftliche Effekte, Bildung, Ethik und Chancen, Möglichkeiten und zukünftiger Forschungsbedarf. Es lohnt, noch einmal tiefer zu stöbern.

Autor: Prof. Dr. David Wagner

Maßgeschneiderte Conversational AI-Lösungen

In den vergangenen fünf Jahren haben wir dutzende Phonebots, Alexa Skills, Onsite Chatbots, Google Assistant Actions und WhatsApp Chatbots für die unterschiedlichsten Branchen, Unternehmen und Marken konzipiert und programmiert. All diese Projekte sind Ausprägungen von Conversational AI, also der Dialogautomatisierung mit Künstlicher Intelligenz. Durch LLMs wie ChatGPT sind wir in der Lage noch bessere Ergebnisse mit Conversational AI zu erzielen. Interessiert?

Im sogenannten Conversational AI Discovery and Framing analysieren wir den Status Quo, geben Inspirationen und entwickeln mögliche Use Cases, im Anschluss entwickeln wir ein Konzept zur Umsetzung.

Ansprechpartner

Ben Ellermann

Managing Director MUUUH! Next
Ben Ellermann war bereits vor dem Facebook Hype für das Soziale Netzwerk stayblue.de in verschiedenen Spezialisten- und Führungsrollen der Bereiche...

E-Mail: ben.ellermann@muuuh.de

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