Quo Vadis Net Promoter Score – Wie steht es um „the one number to grow”?

Mehr als klassische Zufriedenheitsbefragungen

Klassische Zufriedenheitsbefragungen messen „lediglich“, ob zu einem spezifischen Zeitpunkt die spezifischen Erwartungen des Kunden erfüllt wurden. Damit ist eine Zufriedenheitsmessung retrospektiv, sie gibt wenig Auskunft über die Wahrscheinlichkeit einer zukünftigen Kundenbeziehung. Wir wissen aus vielen Studien und Unternehmensauswertungen, dass im Durchschnitt 80 Prozent von „Überläufern“ vorher in Befragungen angegeben haben, „zufrieden“ oder „sehr zufrieden“ zu sein.

Genau hier setzt der Net Promoter Score (NPS) an. Er ist ein Instrument zur Kundenbindung. Es fragt das Weiterempfehlungsverhalten der Kunden ab und ermöglicht so Aussagen zur Kundenloyalität. Die Grundidee: Kunden sind nur dann bereit, ein Unternehmen uneingeschränkt weiterzuempfehlen, wenn sie selbst von dessen Produkten und Leistungen überzeugt sind, denn mit jeder Empfehlung ist mein eigenes Image als vertrauenswürdige Person verbunden.
Die Stärke des NPS ist seine Einfachheit. Eine klassische NPS-Befragung nach dem Lehrbuch besteht aus genau zwei Fragen.

  1. Der Frage „Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie Unternehmen X einem Freund oder Kollegen weiterempfehlen würden?“
  2. Einer offene Freitextfrage zu den Gründen. Der Inhalt der Freitextfrage orientiert sich an dem zuvor genannten Grad der Weiterempfehlungsbereitschaft.

 

Ein Score als KPI

Frage an die Kritiker (0-6 Punkte)
 „Was ist da vorgefallen? Was müssen wir tun?“

Frage an Neutrale (7-8 Punkte)
„Was müssen wir tun, um von Ihnen eine Neun oder Zehn zu erhalten?“

Frage an die Promotoren (9-10 Punkte)
„Was gefällt Ihnen besonders gut/Was können wir weiter verbessern?“

Damit habe ich einerseits einen Score, der als Key Performance Indikator (KPI) im Unternehmen verwendbar ist und zum Beispiel mit finanziellen Kennzahlen in Relation gebracht werden kann. Und ich erhalte für das detaillierte Verständnis der Ergebnisse direktes Kundenfeedback zu Erwartungen, Erfahrungen und wunden Punkten in der aktuellen Kundenbeziehung. Die können dann über einen strukturierten Closed-Loop-Prozess wieder in die Organisation gespielt werden.

Kontinuierlicher Verbesserungsprozess

Der NPS bewegt sich auf einer Skala zwischen -100 und +100. Er drückt das Verhältnis von Fürsprechern und Gegnern des Befragungsgegenstandes aus. Zwar gibt es keine allgemeingültige Skala für gute und schlechte NPS-Werte, weil Faktoren wie das Geschäftsmodell, die Branche/Branchenbenchmarks oder die Strategie den NPS beeinflussen. Grundsätzlich gilt jedoch die Faustregel, dass negative Werte bedenklich sind. Werte bis +20 im B2C-Sektor und bis +40 im Bereich B2B-Bereich sind bereits in Ordnung, aber noch nicht beruhigend. Als erstrebenswert gelten Werte jenseits der 50 (B2C) oder 60 (B2B).

In einem ganzheitlichen Messansatz wird der NPS einerseits als unternehmensübergreifende Management-KPI betrachtet (Beziehungs-NPS) und andererseits an möglichst allen relevanten Touchpoints entlang der Kundenreise direkt nach einer Transaktion gemessen (Transaktionaler NPS). So erhalte ich eine Kennzahl, die als Indikator für Kundenbindung Teil der übergreifenden Unternehmensziele sein kann und sich auch für externes Benchmarking eignet. Gleichzeitig gewinne ich Erkenntnisse auf allen Ebenen des Unternehmens. Sie geben mir die Chance, nach Bedarf sehr detailliert Möglichkeiten zur Verbesserung zu identifizieren und entlang der Kundenreise klare Verantwortlichkeit für Maßnahmen zu definieren, die wiederum den Gesamt-NPS nachhaltig steigern. Auf diese Weise entsteht ein kundeninduzierter kontinuierlicher Verbesserungsprozess, der Organisationen nachhaltig entwickelt und erfolgreicher macht.

Attraktive Mehrwerte

Der NPS wird so zur einflussreichen Methode einer „kundenzentrierten Philosophie“, um Organisationen „customer centric“ auszurichten. Seine Mehrwerte sind bis heute attraktiv und überzeugend.

1. Einfach und eingängig in der Anwendung

Statt langer und aufwändiger Befragungen setzt der NPS auf maximale Einfachheit. Lediglich zwei Fragen und damit eine nur sehr kurze Befragungsdauer machen den NPS für Kunden angenehm und einfach verständlich. Customer Centricity fängt bereits bei der Befragungssystematik an!

2. Loyalität statt „nur“ Zufriedenheit

Zufriedenheit ist das gängige Konstrukt in der Kundenbefragung, bietet aber lediglich eine Rückschau und besitzt von daher keine wirkliche prognostische Validität. Der NPS setzt mit seiner ersten Frage nach der Weiterempfehlungsbereitschaft auf das Konstrukt der Kundenloyalität und damit auf das, was wirklich wesentlich ist. Loyale Kunden gehen eine engere Bindung ein und kaufen mehr!

3. Ausgerichtet auf Entwicklung, nicht nur Erhebung

Mit der zweiten und offenen Frage nach den Gründen für seine Bewertung und dem angeschlossenen Closed-Loop-Prozess in der Organisation schafft der NPS einen kundeninduzierten kontinuierlichen Veränderungsprozess. Der Kunde wird damit zum zentralen Entwicklungsmotor im Unternehmen! 

4. Aus Kundenfeedback wird Verbesserung und Vertrieb

Der Closed-Loop-Prozess stellt das Kundenfeedback systematisch der Organisation zur Verfügung und schafft für den Vertrieb permanent neue Kontaktanlässe mit dem Kunden. Die Kundennähe wird erheblich gesteigert und die Vertriebspotenziale steigen konsequent!

NPS, CSAT, CES – Was ist denn nun die richtige Kennzahl?

Neben dem NPS gilt weiterhin die klassische Kundenzufriedenheit (CSAT) als relevante Kennzahl, um Kundenfeedback einzuholen und Möglichkeiten zur Verbesserung zu identifizieren. Diese Kennzahl hat sich bewährt, wenn es darum geht, an spezifischen Touchpoints die tatsächliche Performance zu bewerten. Sie wird allgemein verstanden und hilft zu erfassen, ob die Erwartungen der Kunden am Touchpoint erfüllt wurden. Die bekannte Herausforderung bleibt aber bestehen; Zufriedenheit sagt nichts über Kundenbindung und zukünftiges Verhalten aus, sondern bewertet für sich betrachtet nur retrospektiv eine spezifische Erfahrung zu einem spezifischen Zeitpunkt.

Vor etwa zehn Jahren kam der sogenannte „Customer Effort Score“ (CES) als neue KPI auf, verbunden mit dem Versprechen „noch wirkmächtiger für nachhaltiges Kundenmanagement“ zu sein. Hierbei wird durch Kunden der Aufwand bewertet, den ein Kunde betreiben muss, um ein Anliegen mit einem Unternehmen klären zu können. Dazu zählen Anfragen, Probleme oder Fragen, die sich auf Produkte bzw. Services oder auch den Einkaufsprozess als solchen (z. B. Nutzung des Onlineshops) beziehen können. Die Idee: je weniger Aufwand, desto höher die Wahrscheinlichkeit, als Kunde wiederzukommen. Je schwieriger hingegen die Transaktion, desto höher die Wahrscheinlichkeit, sich nach Alternativen umzusehen. Auch für diesen Kennwert gilt: Wenn es darum geht, spezifische Transaktionen zu bewerten und Möglichkeiten zur Verbesserung zu identifizieren, etwa zur Prozessoptimierung oder zur besseren Erreichbarkeit, ist CES ein geeignetes Instrument.

Welcher der Kennwerte ist also am besten geeignet? Alle drei!

  1. Je nach dem Ziel, das ich mit dem Einholen von Kundenfeedback verfolge, können alle drei KPIs geeignet sein. Das gilt es fallspezifisch und auch Touchpoint-spezifisch zu betrachten.
  2. Im Idealfall messe ich als Unternehmen eine Kombination der oben genannten Scores – insbesondere bei transaktionalen Touchpoint-Befragungen.
  3. Unabhängig vom genutzten Kennwert ist es wichtig, Kundenfeedbackprogramme als ganzheitlichen Ansatz zu verstehen und zu verfolgen. Allein vom Messen ändert keiner der Kennwerte irgendetwas – konsequent eingebettet in einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess, stringente Managementstrukturen und klar definierte Verantwortung für das Kundenmanagement kann jeder der genannten KPIs seinen Zweck erfüllen.

Geht es allerdings darum, die Qualität der Kundenbeziehung insgesamt zu bewerten und Verknüpfungen mit anderen Unternehmens-KPI, insbesondere finanzielle, herzustellen hat sich bisher der NPS am ehesten bewährt. Aufgrund seiner Einfachheit wird er in Unternehmen, die damit aktiv arbeiten, entsprechend geschätzt.

Erfolgsfaktoren für ein nachhaltig wirksames Kundenfeedback-Programm

Aus unserer Projekterfahrung heraus haben wir neun wesentliche Erfolgsfaktoren identifiziert, die bei der Umsetzung von Kundenfeedbackprogrammen zu berücksichtigen sind.

1. KPIs und Change: Beide in den Fokus stellen

Kundenbeziehungen verbessern sich qualitativ nicht und führen nicht zu mehr Wachstum, nur weil wir sie messen. KPIs sind wichtig, aber der große Hebel liegt in den Erkenntnissen der Ursachen und Treiber für die KPIs und damit der Kundenbeziehung. Kundenfeedback ist kein Projekt, sondern ein Programm: ein permanentes Managementinstrument und eine Reise zur Wertschöpfung aus Kundenorientierung.

2. Kundenbeziehungs-KPIs frühzeitig mit finanziellen KPIs verbinden!

Schaffen Sie ökonomische Prüfpunkte. Erstellen Sie Business Cases und verstehen Sie den ökonomischen Wert verschiedener Kundensegmente für Ihr Geschäft, indem Sie verfügbare Kundendaten zu Umsatz, Kaufverhalten und Kundenwert mit den individuellen NPS-Ergebnissen dieser Kunden verknüpfen und so über die Zeit den Wert von NPS für Ihr Unternehmen bestimmen können.

 

3. Die richtigen Anreize schaffen!

Nutzen Sie die KPIs als Führungsinstrument – aber richtig. Vereinbaren Sie am Anfang Ziele, die vor allem auf die Einführung des Programms einzahlen. Wenn Ihre Messungen stabil und wasserdicht sind und der Managementprozess funktioniert, sollten Sie in die Zielvereinbarungen Veränderungen der KPIs, in Treibern und bezogen auf Verbesserungen aufnehmen. Achten Sie dabei – wie immer –  auf Relevanz, Beeinflussbarkeit und Akzeptanz. Erheben Sie jährlich Branchenbenchmarks.

4. Die richtige Governance implementieren!

Installieren Sie speziell für Ihr Programm ein Team, eine Organisation, Technologien und Prozesse. Legen Sie klare Verantwortlichkeiten fest und sorgen Sie für Cross Functional Commitment und Kollaboration zum Thema Kundenbeziehungs-KPIs. Machen Sie die KPIs zum festen Bestandteil Ihres Reporting- und Managementprozesses auf allen Ebenen.

5. Konsequent und permanent intern und extern kommunizieren!

Legen Sie Ziele fest und kommunizieren Sie diese. Holen Sie ihre Organisation, Ihre Dienstleister und Ihre Kunden ab und informieren Sie permanent über Themen, die Ihre Kunden treiben, und was sie diesbezüglich tun. Machen Sie Ihren Kunden transparent, dass sie gehört und verstanden werden. Teilen Sie Ergebnisse und Maßnahmen mit allen Mitarbeitern im Unternehmen und auch mit Ihren Kunden.

6. Closing the Loop – Auf allen Ebenen und in alle Richtungen!

Schließen Sie den Kreislauf auf allen Ebenen innerhalb Ihrer Organisation (Top Management, mittleres Management, Front Line) und außerhalb (Kunden, Dienstleister). Sorgen Sie für Innovationen und Verbesserungen sowohl Bottom-up als auch Top-down. Geben Sie jedem Kunden ein Feedback zu seinem Feedback – und vergessen Sie nicht, danke zu sagen.

7. Organisationale Reife und Bereitschaft berücksichtigen!

Ein Customer-Feedback-Programm ist ein Versprechen an Ihre Kunden, aber auch an Ihre Organisation. Geben Sie es nicht, wenn Sie es nicht halten können, etwa weil die Organisation mit zu vielen anderen Projekten aktuell schon zu stark ausgelastet ist.

8. Geduld und langen Atem haben!

Veränderungen brauchen Zeit. Hören Sie Ihren Kunden und Mitarbeitern zu. Suchen Sie nach den magischen Elementen in den offenen Fragen. Machen Sie einen Plan. Beginnen Sie mit einem Piloten, führen Sie das Programm ein, sammeln Sie Erfahrungen und optimieren Sie Ihr Programm. Beobachten Sie, wie Ihre Organisation sich verändert und geben Sie ihr Zeit dazu. Vermeiden Sie aktionistisches Verhalten und Panik. Fokussieren Sie auf operative Veränderungen und Trends.

9. Einen starken Promoter haben!

Ohne die Unterstützung und Mitwirkung der Unternehmensführung oder mindestens einer Person aus diesem Kreis geht es nicht. Das Management muss die Philosophie der Methodik verstehen, die KPIs zum Bestandteil der Unternehmensstrategie machen und einen ganzheitlichen Plan für die Kundenmanagementstrategie und -organisation ausarbeiten.

 

Es gibt noch viele weitere Aspekte, die zu berücksichtigen sind, um die Potenziale eines Customer-Feedback-Programms auszuschöpfen. Diese sind aber vor allem operativer Natur. Die hier aufgeführten Punkte sind genau die, denen man in der Praxis und in Studien am häufigsten begegnet und die jeweils für sich genommen den Erfolg des Gesamtprogramms maßgeblich bestimmen.

Klingt alles sehr groß – geht’s auch eine Nummer kleiner?

Aus einer Vielzahl begleiteter Projekte wissen wir: Wichtig ist das Anfangen! Bei aller Notwendigkeit, ganzheitlich und vollumfassend zu denken, kommt es auch darauf an, schnell erste Erfahrungen zu machen und erste Erfolge vorzuweisen. Beides sollte kein Widerspruch sein, sondern Hand in Hand gehen:

  1. Suchen Sie sich Teilbereiche im Unternehmen, in denen Interesse, Bereitschaft und/oder Notwendigkeit besonders groß sind und fangen Sie mit der Kundenfeedback-Messung an.
  2. Stellen Sie sicher, dass der Feedback-Loop schnell und effektiv geschlossen wird und generieren Sie auf diesem Weg erste Erkenntnisse auf deren Basis spürbare Veränderungen angestoßen werden können.
  3. Lernen Sie aus diesen Erfahrungen und teilen Sie Erfolgserlebnisse mit der gesamten Organisation.

Lernen Sie also, wie Ihnen ein gut aufgestelltes Kundenfeedbackprogramm nachhaltig helfen kann, mehr Kunden zu gewinnen, zu binden und deren Potential noch besser auszuschöpfen, während Sie einen ganzheitlichen Ansatz entwickeln und Stück für Stück in Ihre Organisation integrieren.

 

Also: Quo vadis NPS?

Der Net Promoter Score hat sich über die Jahre als eines der strategischen Managementinstrumente für erfolgreiche Unternehmen etabliert – und er wird diese Rolle auch in Zukunft spielen und weiter ausbauen. Gerade in einer Zeit, in der durch die Digitalisierung und durch Nachhaltigkeit als dominierende Trends wirkliche Customer Centricity mehr denn je zum zentralen Differenzierungsansatz wird, braucht es Customer-Feedback-Systeme, die Unternehmen in Kultur, Struktur, Service, Vertrieb und Verhalten konsequent auf die Kundenbedürfnisse und -erwartungen Ihrer Kunden ausrichten.

Wie kann MUUUH! mir helfen?

MUUUH! Consulting beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Customer-Feedback-Systemen, inklusive NPS, und bedient dabei die komplette Bandbreite möglicher Unterstützungsleistungen:

  • Entwicklung und Implementierung ganzheitlich aufgestellter Feedback-Programme
  • Analyse und Weiterentwicklung bestehender Programme im Unternehmen
  • Operative Umsetzung und Verankerung im Unternehmen
  • Kundenfeedbackmessung & Reporting
  • Ergebnisanalyse und Entwicklung

Gerne unterstützen wir Sie in allen Fragen rund um das Thema NPS. Sprechen Sie uns an!

* Frederick F. Reichheld: The one number you need to grow. In: Harvard Business Review, 12/2003, S. 47–54

Ansprechpartner

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Partner
Seit Anfang 2000 ist der diplomierte Psychologe fester Bestandteil des Teams von MUUUH! Consulting. Er berät und begleitet bis heute...

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