Im Tagesbetrieb eines Callcenters bedarf es verschiedener Hilfsmittel, die gewährleisten, dass eine Steuerung überhaupt erst möglich ist. Hierzu bedient sich jede Callcenter-Einheit zunächst bestimmter Kennzahlen, den Key Performance Indicators (KPI). In den Anfängen der Callcenter waren Kennzahlensysteme zunächst noch Ableitungen von im Gesamtunternehmen bestehenden Systemen. Über die Jahre hinweg wurden aber zunehmend callcenterspezifische Kennzahlensysteme entwickelt. Um richtig steuern zu können, benötigt man jedoch ein extrem ausgeklügeltes Kennzahlensystem.
Die einzelnen KPI müssen einige Bedingungen erfüllen: Jede Kennzahl muss eindeutig definiert werden, es muss eine eindeutige Quelle für jede Kennzahl identifiziert werden und diese muss vor allem korrekt berechnet sein. Diese Bedingungen klingen im ersten Moment selbstverständlich, werden aber bei weitem nicht von jedem Callcenter erfüllt. An dieser Stelle offenbaren sich also die ersten Stolpersteine für eine funktionierende Steuerung im Callcenter. Ein weiterer Stolperstein ist wiederum die Messung – denn es reicht selbstverständlich nicht, KPI nur zu definieren. Die KPI müssen auch gemessen werden und in ein definiertes Reporting einfließen. Im Laufe der Zeit gab es in vielen Unternehmen zwar immer bessere Kennzahlensysteme, die Messungen uferten jedoch in vielen Callcenter-Einheiten häufig auch aus. Getreu dem Motto: „Wir messen alles“ wurden über Jahre hinweg immer mehr Kennzahlen erhoben, deren Aussagekraft teilweise zweifelhaft ist. Denn nicht jede Kennzahl, die erhoben werden kann, bringt auch wirklich einen Mehrwert!
Aus diesem Grund sollte man regelmäßig die vorhandenen Kennzahlen hinterfragen und vor allem im Hinblick auf ihre Handlungsauslösung überprüfen. Stellen Sie sich dazu folgendes alltägliche Szenario vor: Sie stehen morgens auf, betreten das Bad und steigen auf die Waage. Dann blicken Sie wie gewohnt auf die Anzeige. Was hat das mit Steuerung im Callcenter zu tun? Der Vergleich ist recht einfach: Beim Blick auf die Anzeige der Waage wissen Sie allein durch die angezeigte Zahl, was zu tun ist. Deshalb sollte jede Kennzahl im Callcenter, die diese Funktion nicht erfüllt, genau hinterfragt werden, da sie ansonsten zur Steuerung gegebenenfalls überhaupt nicht relevant ist.
Eng verbunden mit den Kennzahlen ist im Callcenter selbstverständlich auch das Thema Ziele. Für jede Zahl, die erhoben wird, muss ein Ziel definiert sein, da sie ansonsten nutzlos ist. Ziele sollten jedoch immer auch erreichbar sein. Wenn Ziele überambitioniert und kaum erreichbar sind, kann die Steuerung nicht richtig funktionieren. Infolgedessen sinkt die Zufriedenheit von Mitarbeitern und leidet die Qualität im Kundenkontakt, was wiederum Beschwerdepotenzial mit sich bringt und die Kundenzufriedenheit negativ beeinflusst.
Die folgenden Kennzahlen zählen zu den wohl elementarsten, die in nahezu jedem Callcenter Anwendung finden: telefonische Erreichbarkeit, Servicelevel, durchschnittliche Wartezeit, Produktivität, Anrufabbrecher, Servicequalität, Fallabschlussquote und Gesprächsbearbeitungsdauer. Es ist für die tägliche Steuerung eines Callcenters von immenser Bedeutung, dass keine dieser (und ggf. weiterer) Kennzahlen alleine betrachtet wird, da alle stark aufeinander einwirken.
Hier ein Beispiel
Servicelevel und Produktivität interagieren immer direkt miteinander. Eine Steigerung des Servicelevels (= Kostentreiber!) bringt immer auch eine sinkende Produktivität mit sich, während eine Steigerung der Produktivität wiederum einen sinkenden Servicelevel zur Folge hat. Die Anzahl der Anrufabbrecher wiederum steigt proportional zur Produktivität und umgekehrt proportional zum Servicelevel (Berechnung nach Warteschlangenmodell Erlang C). Die Herausforderung besteht somit darin, einen Status zu erreichen, in dem alle Kennzahlen einigermaßen ausgeglichen sind.
Bis hierher wurden zunächst einmal lediglich die Grundlagen aufgeführt, die benötigt werden, um eine effektive Steuerung im Callcenter überhaupt erst zu ermöglichen. Sofern Kennzahlen definiert sind, gemessen werden, in Reports einfließen und diese wiederum an einen definierten Adressatenkreis verteilt werden, fängt die eigentliche Steuerung erst an. Diese ist jedoch aufgrund der zahlreichen Wirkungszusammenhänge und der oftmals vielfältigen Systemlandschaften sehr komplex. Daher erlebt man an diesem Punkt oftmals eine Ernüchterung, da zu viele Hürden den Alltag erschweren.
Typische Herausforderungen im Tagesbetrieb stellen zunächst die Reportings dar. Diese werden in vielen Callcenter-Einheiten auch heute noch mit Hilfe gängiger Tabellenkalkulations-Programme erstellt, die in vielen Fällen manuell befüllt werden. Diese Vorgehensweise birgt ein erhebliches Fehlerpotenzial, erfordert meist hohen Aufwand und bindet Personalkapazitäten. Weitere Stolpersteine sind oftmals inkonsistente Datenbestände, zu statische Reports, das Fehlen flexibler, dynamischer Auswertungen sowie ein Missverhältnis zwischen Datenaufbereitung und Datenanalyse.
Diese Umstände führen dazu, dass viele Callcenter-Einheiten mit eben diesen Mitteln nach wie vor eine eher reaktive Steuerung betreiben, d.h. den Blick in den Rückspiegel werfen, eine zukunftsorientierte Sichtweise jedoch vernachlässigen. Das Performance Management ist hierfür das optimale Mittel, um beide Perspektiven abzudecken. Performance Management verbindet nämlich die ursprüngliche Zielsetzung des Controllings – eine abgestimmten Planung, Kontrolle und Informationsversorgung – mit einer konsequenten Orientierung an der betrieblichen Wertschöpfung. Als Plattform zur Realisierung kommen moderne BI-Technologien zum Einsatz.
Eine derartige Technologie kann den Tagesbetrieb im Callcenter enorm erleichtern, da sie in der Regel alle Ebenen der Steuerung berücksichtigt. Gesteuert wird im Callcenter nämlich nicht nur auf Teamleiterebene, wie es in vielen Unternehmen leider immer noch der Fall ist. Gesteuert wird auf unterschiedlichsten Ebenen mit unterschiedlichen Dimensionen, in der Geschäftsführung, ggf. der Bereichsleitung, der Projektleitung, der Teamleitung sowie auf Supervisor-Ebene. Aufgrund der unterschiedlichen Betrachtungsdimensionen sind selbstverständlich auch unterschiedliche Kennzahlen erforderlich. Ein Supervisor oder Teamleiter muss erheblich mehr Kennzahlen zur Verfügung haben als beispielsweise die Projektleitung oder Geschäftsführung.